
Mit Terroristen reden? Vom Umgang mit politischer Gewalt im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts
12.-14.12.2008, Evangelische Akademie Loccum
Terrorismus gilt seit geraumer Zeit als eine der großen Herausforderungen moderner Gesellschaften. Angesichts der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts sowie der Bedrohungen durch den aktuellen, trans-nationalen Terrorismus ist es von herausragender Bedeutung zu analysieren, wie demokratische Gesellschaften Bedrohungen durch Terrorismus oder durch andere Formen politischer Gewalt handhab(t)en, um ihre Friedfertigkeit zu bewahren bzw. zu erreichen. Antworten auf diese Fragen gewinnen durch ihre Einbettung in die jeweiligen historischen Kontexte und Perspektiven an Tiefenschärfe.
Die so umrissene geschichtswissenschaftlich fundierte und interdisziplinäre orientierte Tagung geht von der Arbeitshypothese aus, dass über Kommunikation eine Eindämmung, vielleicht sogar ein Verzicht auf politische Gewalt und Terrorismus erreicht und dadurch ein wichtiger Schritt hin zu einer gesellschaft-lichen Befriedung getan werden kann. Somit rücken Kommunikationsprozesse und -strategien zwischen militanten Aktivisten, staatlichen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Akteuren in den Vordergrund, in denen Medien eine wichtige Rolle spielen. Im einzelnen wird in der Tagung danach gefragt, wie eine im Sinne der Gewalteindämmung gelungene Kommunikation charakterisiert werden kann. Gibt es „Königswege“ für den Umgang mit Terrorismus und politischer Gewalt oder für den „Ausstieg“ daraus? Welche politische Kultur ist dazu notwendig und welche gesellschaftlichen Akteure sind benennbar?
Die Tagung wurde verantwortet durch PD Dr. Jörg Requate, Apl. Prof. Dr. Klaus Weinhauer und Corinna Hauswedell, PhD und gefördert durch die Heinrich-Böll-Stiftung. Den Tagungsbericht finden Sie bei H-Soz-Kult.
Fotocredit: Quelle http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Atemptatsalson.jpg
Programm
Begrüßung und Einführung
Corinna Hauswedell, Ev. Akademie Loccum
Jörg Requate / Klaus Weinhauer, Universität Bielefeld/ Universität Lüneburg
Sektion 1: Eine neue Form politischer Gewalt: „Terrorismus“ im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts
Moderation: Roger Chickering (Georgetown University; Fellow Wissenschaftskolleg zu Berlin 2008/09)
Lutz Häfner, Universität Bielefeld, „Die reinigende Kraft des Terrorismus“: Russland als Geburtsland des modernen „Terrorismus“
Jörg Requate, Universität Bielefeld, Die Faszination der anarchistischen Anschläge in Frankreich
Peter Waldmann, Universität Augsburg, Terrorismus und Kommunikation
Sektion 2: Befriedung durch Nationalstaatlichkeit? Politische Gewalt in der Zwischenkriegszeit
Moderation: Christian Jansen, Technische Universität Berlin
Robert Gerwarth, University College Dublin, Freikorps in Österreich-Ungarn: Gewaltanwendung und gesellschaftlich-mediale Reaktionen
Joost Augusteijn, Universität Leiden, Getting the IRA to the Table. Ending the Irish War of Independence, 1920-21
Sektion 3: Der sozialrevolutionäre Terrorismus der 1970/80er Jahre: Befriedungsstrategien und Kommunikationsmuster
Moderation: Daniela Münkel, Universität Hannover
Gisela Diewald-Kerkmann, Universität Bielefeld, Ausstiegs- und Befriedungsstrategien am Beispiel des bundesdeutschen Linksterrorismus
Alexandra Locher, Universität Zürich, Verweigerte Kommunikation? Mediale Strategien der Roten Brigaden und staatliche Reaktionen in Italien
Philipp Zessin, European University Institute, Florenz, Die „Gauche Proletarienne“ und „Action Directe“ in Frankreich
Sektion 4: Nationalistischer Terrorismus bis in die 1990er Jahre: Befriedungsstrategien und Kommunikationsmuster
Moderation: Holger Nehring, University Sheffield
Stefanie Schüler-Springorum, Inst. für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg, Kein Frieden – keine Sprache Nationalismus und Gewalt im Baskenland
Klaus Weinhauer, Uni Lüneburg/Bielefeld, Der erfolgreiche Ausstieg aus terroristischer Gewalt in Nordirland
Christoph Jahr, Humboldt Universität zu Berlin, Der unbefriedbare Feind? Islamismus und Terrorismus in den europäischen Mediendiskursen
Abschlussdiskussion: Kommunikation als Mittel zur Befriedung politischer Gewalt?
Belinda Davis, Rutgers University, USA
Stefan Raue, ZDF, Mainz
Stephan Rosiny, Berlin
Peter Waldmann, Universität Augsburg
Moderation: Jörg Requate / Klaus Weinhauer