
Kriege als Mittel der Politik, der Soldat als Leitbild des Mannes und Gewalt als gesellschaftliche Konfliktlösungsform sind umstrittener denn je. Mit der tiefgreifenden Abwertung von Krieg, Militär und Gewalt ist ein in den westlichen Industriegesellschaften durchgängig zu beobachtender Mentalitätswandel angesprochen. Er war in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg besonders stark ausgeprägt. Der visionäre Zielpunkt dieser Entwicklung wird von der UNESCO und der gegenwartsorientierten Friedens- und Konfliktforschung seit einiger Zeit als „Friedenskultur“ diskutiert. Sie ist nicht nur durch die Abwesenheit von Krieg und direkter Gewalt, sondern auch durch die tendenzielle Beseitigung struktureller Gewalt und die Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit gekennzeichnet. Wann und in welchen politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bereichen lassen sich in der deutschen Geschichte seit 1945 Wandlungsprozesse hin zur „Friedenskultur“ feststellen? Diese Frage versuchen die Beiträge dieses Bandes zu beantworten. Er ist aus einem interdisziplinären Kolloquium des Arbeitskreises Historische Friedensforschung hervorgegangen und erörtert erstmals die historische Dimension der „Friedenskultur“. Ins Blickfeld kommen dabei die kollektive Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg, die Friedensbewegung in Ost- und Westdeutschland, das Offizierskorps der Bundeswehr, der Wehr- und der Zivildienst, politische Eliten, Ideologien und innerparteiliche politische Praktiken sowie Probleme der Jugend- und der Massenkultur.
Thomas Kühne (Hg.)
Von der Kriegskultur zur Friedenskultur? Zum Mentalitätswandel in Deutschland seit 1945 (Jahrbuch für historische Friedensforschung Bd. 9), Münster: Lit 2000.
336 Seiten
Preis: 20,90 €
ISBN 3-8258-5072-2