Jost Biermann, Der Schwelmer Kreis (1952–1975). Eine deutsch-deutsche Friedens- und Bildungsreforminitiative in den Spannungen des Kalten Krieges. Unter besonderer Berücksichtigung der 1950er Jahre – 2 Teile, Frankfurt am Main: Peter Lang 2017.
Rezensiert für den Arbeitskreis Historische Friedensforschung bei H-Soz-u-Kult von: Anne Bieschke, Hochschule Heilbronn.
Mit seinem 2017 erschienenen Buch „Der Schwelmer Kreis (1952–1975), Eine deutsch-deutsche Friedens- und Bildungsreforminitiative in den Spannungen des Kalten Krieges. Unter besonderer Berücksichtigung der 1950er Jahre“ hat Jost Biermann die erste umfassende Studie vorgelegt, die sich intensiv mit der Geschichte des Schwelmer Kreises auseinandersetzt – einer Vereinigung von Pädagogen aus West- und Ostdeutschland, die, so Biermann, „ihr Bemühen um eine Perspektive des Verbindenden, der Verständigung, der Annäherung statt der zu dieser Zeit üblichen Betonung des Trennenden, der Konfrontation“ (S. 770) einte. Seinem in der Einleitung formulierten Anspruch, die Geschichte des Schwelmer Kreises „en détail und differenziert zu untersuchen“ (S. 41), wird der Autor mehr als gerecht. Auf über 1.000 Seiten und in sechs umfangreichen Kapiteln zeichnet Biermann Werden und Wirken des Schwelmer Kreises nach – von seinen Anfängen in den 1950er-Jahren bis zum Ende 1975, wobei der inhaltliche Schwerpunkt auf den 1950er-Jahren liegt.
Im ersten Kapitel (Kapitel B) beschreibt Biermann, wie es zur Konstituierung des Schwelmer Kreises zu Beginn der 1950er-Jahre kam – er entstand im Nachgang eines Treffens von Pädagogen aus West und Ost im Januar 1952 in Bad Vilbel (S. 130–156) – und nimmt gleichzeitig den historischen Kontext in den Blick, in dem die Schwelmer agierten. Biermann geht hierbei von der Prämisse aus, dass der Schwelmer Kreis „keine quasi frei im Raum schwebende, von gesellschaftlichen Bedingungen und Entwicklungen abgekoppelte Vereinigung“, „sondern in den Zusammenhängen seiner Zeit stand und von den zeitgenössischen politischen, ökonomischen wie kulturellen Rahmenbedingungen und Prozessen des Kalten Krieges“ geprägt war (S. 55f.). Die laut Biermann wichtigste Phase des Schwelmer Kreises von 1955 bis 1958 steht im Mittelpunkt von Kapitel D. In dieser Zeit entwickelte sich das bildungspolitische und pädagogische Programm der Vereinigung. Dieses fasst der Autor so zusammen: „Der Schwelmer Kreis favorisierte eine differenzierte Einheitsschule, die, ohne individuelle Unterschiede zu ignorieren, das Grundrecht auf Bildung für alle einlöst, das breite Spektrum menschlicher Talente, Neigungen und Möglichkeiten fördert, das wechselseitige Anregungspotenzial von jungen Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten im gemeinsamen Lernen nutzt, zugleich allen gemäß Hellings ‚neuer Allgemeinbildung‘ statt einer fachspezifischen isolierten Überspezialisierung übergreifende Sinnzusammenhänge und ‚universale Gesetzmäßigkeiten‘ vermitteln will“ (S. 773). weiterlesen
Empfohlene Zitierweise
Anne Bieschke: Rezension zu: Biermann, Jost: Der Schwelmer Kreis (1952–1975). Eine deutsch-deutsche Friedens- und Bildungsreforminitiative in den Spannungen des Kalten Krieges. Unter besonderer Berücksichtigung der 1950er Jahre – 2 Teile. Frankfurt am Main 2017, in: H-Soz-Kult, 30.08.2019, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-28058>.