Gearoid Millar (Hg.), Ethnographic Peace Research. Approaches and Tensions, Basingstoke: Palgrave Macmillan 2017.
Rezensiert für den Arbeitskreis Historische Friedensforschung bei H-Soz-u-Kult von: Nils Zurawski, Institut für kriminologische Sozialforschung, Universität Hamburg.
Der Sammelband Ethnographic Peace Research (EPR) wagt gleichzeitig den Versuch, Friedensforschung sowohl mit neuen Impulsen zu versorgen, als auch zu zeigen, dass der so vorgestellte Ansatz in sehr unterschiedlichen Kontexten nutzbar ist. Das ist ein insgesamt hoher Anspruch, der zum Teil erfüllt werden kann, zum Teil nicht klar sichtbar wird. Die Motivation für einen solchen Band liegt, wie der Herausgeber Gearoid Millar selbst schreibt, darin, dass Forscher bisher oft versagt haben, Konflikte adäquat zu analysieren, sie zu erklären und generell zu verstehen. Darüber hinaus sieht Millar ein Problem darin, dass Konfliktforscher bisher nur wenige nachhaltige Ansätze für einen Weg aus dem Konflikt hin zum Frieden aufgezeigt haben (S. 1). Mit dieser Kritik hängt der Anspruch hoch.
Der Band verfolgt daher das Ziel, das „Erleben von Konflikt und Frieden“ (S. 1) in den Mittelpunkt der Forschung zu stellen. Die Ethnographie wird dabei als der zentrale Ansatz identifiziert, um den Fragen nach dem „Warum“, aber vor allem dem „Wie“ eines Konfliktes bzw. des Friedens näherzukommen. Dazu werden Grundprinzipien formuliert, die allesamt weder neu, noch überraschend sind – zumindest dann nicht, wenn man sich bereits vor diesem Band mit Ethnographie und ethnographischen Methoden befasst hat. Für eine schwerpunktmäßig politikwissenschaftlich orientierte Friedensforschung mag das anders aussehen, so suggeriert es jedenfalls der Sammelband. Zentral dabei ist die konsequent durchgehaltene Perspektive des „Lokalen“, also in der Forschung die Erfahrungen der lokalen Akteure als Dreh- und Angelpunkt zu nutzen.
Die deutlich formulierten Ziele eines solchermaßen fokussierten Ansatzes können durchaus anspruchsvoll genannt werden. Dazu gehören, dass EPR die Möglichkeiten schafft, um Konflikte auf verschiedenen Ebenen zu analysieren und zu verstehen; weiter, dass EPR hilft zu verstehen, wie sich Friedensprozesse auf lokale Gemeinschaften auswirken; was wiederum Möglichkeiten eröffnen soll, alternative Praktiken der Friedensschaffung zu finden; um letztlich lokalen Akteuren ganz praktisch in ihrer Arbeit helfen zu können (S. 2). Mit dem letzten Punkt will der Herausgeber ganz programmatisch EPR zu einem Werkzeug emanzipatorischer Forschung machen, durchaus im Sinne eines action research (S. 9f). Dieser sehr programmatische Start setzt den Rahmen für die insgesamt zehn Kapitel, die anhand von Fallstudien und einzelnen Forschungen die Rolle und Bedeutung von EPR illustrieren sollen. weiterlesen
Empfohlene Zitierweise
Nils Zurawski: Rezension zu: Millar, Gearoid (Hrsg.): Ethnographic Peace Research. Approaches and Tensions. Basingstoke 2017 , in: H-Soz-Kult, 18.01.2019, <www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher-29438>.