Religiöse Semantik des Friedens. Diskurse und Netzwerke im 20. Jahrhundert
3.-5.11.2006, Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum
Friedensbegriffe und -diskurse weisen häufig eine religiöse Semantik auf. Diese Beobachtung ist Anlass der Jahrestagung des Arbeitskreises für Historische Friedensforschung 2006. Mit Hilfe exemplarischer Fallstudien soll die Rolle von Religion bei Konzeptualisierungen von Frieden systematisch untersucht werden. Da bisher religiöse Deutungsmuster und religiöse Deutungsgemeinschaften fast ausschließlich in Hinblick auf ihre konfliktverursachenden und konfliktlegitimierenden Elemente untersucht worden sind beziehungsweise die Rolle von Religion bei der mentalen Verarbeitung von Kriegserlebnissen thematisiert wurde, fehlen Untersuchungen zur Bedeutung von Religion in den Friedensentwürfen und Vernetzungsprozessen des 20. Jahrhunderts fast vollständig. Thematisiert werden soll, erstens, inwiefern sich die zentralen Begriffe, Diskurse, Ordnungsmodelle, Zukunftsvisionen und Vorbilder innerhalb von Friedensinitiativen einer religiösen Semantik bedienten. Zweitens sind die Vernetzungen zentraler Diskursträger zu untersuchen und zu prüfen, welche Bedeutung dabei die vorhandenen Kommunikationsstrukturen von Religionsgemeinschaften für die konkreten Vergemeinschaftungen und Kommunikationsmöglichkeiten hatten.
Die Tagung wurde verantwortet von Dr. Helke Stadtland. Den Tagungsbericht finden Sie bei H-Soz-Kult und weitere Informationen zur Veröffentlichung hier.
Programm
Freitag, 3.11.2006
15.00
Begrüßung und Einführung, Dr. Helke Stadtland (Bochum)
15.30-18.00 Uhr
Friedenssemantik in der Theologie
Prof. Dr. Jörg Seiler (Koblenz), Ein himmlisches Friedensmodell. Maria als Königin des Friedens in päpstlichen Enzykliken von Leo XII. bis Johannes Paul II.
PD Dr. Alf Christophersen (München), Krieg, Frieden, Volk und Vaterland. Zur Kampfmetaphorik der Lutherrenaissance in der Weimarer Republik
Markus Kremer, M.A. (Bühl), Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) und Alfred Delp (1907-1945) – Widerstand aus christlicher Weltanschauung
Prof. Dr. Wilhelm Damberg (Bochum), Kommentar
Samstag, 4. 11. 2006
09.00
Friedenssemantik in kirchlichen Institutionen, religiösen Gemeinschaften und Initiativen
Dr. Till Kössler (München), Friedenssemantik im spanischen Katholizismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Prof. Dr. Jon Pahl (Philadelphia), The Coming Religious Peace. Religious Peace Making Efforts in the United States from 1930 to the present
Andrew Oppenheimer, M.A. (Chicago), “Wir und die farbige Welt”. Religion and Race in West German Pacifism, 1945-1969
Dr. Ulrich Wenner (Kassel), Religiöse Semantik in den pazifistischen Initiativen der Initiative Kirche von unten (IkvU)
Prof. Dr. Lucian Hölscher (Bochum), Kommentar
13.30-16.00 Uhr
Religiöse Semantik in politischen Neuordnungsvorstellungen nach 1945
PD Dr. Angelika Dörfler-Dierken (Strausberg), Friedensorientierung in der militärischen Institution – das von Baudissin entworfene Leitbild für einen neuen deutschen Soldaten oder: „Die Gnade des Nullpunkts nutzen“
Dr. Detlef Bald (München), Frieden und Religion im Denken von Gustav Heinemann in den frühen 1950er Jahren
PD Dr. Barbara Stambolis (Siegen), Christliches Mittelalter als Fundament für ein friedliches Europa? „Regressive Utopien“ in Europadiskussionen nach 1945
Dr. Jürgen Mittag (Bochum), Kommentar
16.30-19.00
Religiöse Semantik in Friedensbewegungen
Christian Scharnefsky, M.A. (Berlin), „Aktiver Pazifismus“, radikale Kriegsdienstverweigerung und Religion. Die Beziehungen zwischen der War Resisters International (WIR), den Quäkern und dem Internationalen Versöhnungsbund 1920-1950
Dr. Holger Nehring (Oxford), Religion und Moraldiskurs in den westeuropäischen Bewegungen gegen Atomwaffen der späten fünfziger und frühen sechziger Jahre (Bundesrepublik, Großbritannien, Frankreich, Italien)
PD Dr. Anke Silomon (Berlin), Mit der Sprache der Bibel. Zur Semantik und den politischen Zielen der kirchlichen Friedensbewegung in der DDR in den 80er Jahren
Prof. Dr. Volkhard Krech (Bochum), Kommentar
Sonntag, 5.11.2006
9.00-11.30
Religiöse Semantik in Begegnungs- und Versöhnungsinitiativen
Dr. Marie-Emmanuelle Reytier (Caluire et Cuire), Die religiöse Semantik des Friedens der französischen und der deutschen Katholiken nach dem Ersten Weltkrieg anhand der deutschen Katholikentage, 1921-1924
Prof. Dr. Friedhelm Boll (Bonn), Zur Semantik von Frieden und Verständigung in den Beziehungen zwischen deutschen und polnischen Katholiken, 1965-1974
PD Dr. Katharina Kunter (Aarhus), „das die Welt zähneknirschend das Wort vom Frieden vernehmen muss“. Protestantische Kontroversen zur europäischen Entspannungspolitik in den beiden deutschen Staaten, in den Niederlanden und in der Ökumene
Prof. Dr. Jochen-Christoph Kaiser (Marburg), Kommentar
12.00-13.00 Uhr
Thematische Zusammenfassung und Ausblick
Prof. Dr. Volkhard Krech (Bochum), Frieden und Gewalt in den Religionen